Beispielbild Gespräch als Paar läuft nicht gut

Warum reagieren wir so emotional auf harmlose Kommentare?

Das Modell der Transaktionsanalyse für gelassene Kommunikation

Tom kommt von der Arbeit nach Hause. Es steht nun nahtlos Schichtwechsel an, Rabea geht dann zum Co-Working Space und die zwei Kinder bleiben bei Tom.  Rabea hat den Vormittag die Kinder betreut, ein Spielplatzausflug war auch noch drin und ein kleines Mittagessen ist der schöne Abschluss des gemeinsamen Vormittages. Tom kommt in die Küche und sagt: „Die Spülmaschine hättest du ruhig noch ausräumen können.“

Was meinst du? Wie geht es hier weiter?

In Rabea implodiert in diesem Moment etwas. Sie macht ihren Teil der Betreuung, kocht und räumt sogar noch das Schlachtfeld auf – und dann so ein Spruch? Geht´s noch?

Diese Situation kann in jeder Beziehung vorkommen – interessanterweise erlebe ich es in meinen Coachings, dass mit den Beziehungsjahren die Streithäufigkeit rund um den Haushalt steigt. Dabei geht es nicht um die Spülmaschine, die falsch eingeräumten Teller oder die rumliegenden Socken. Es geht um so viel mehr. Doch egal, worum es geht, welche Bedürfnisse  du in deinen persönlichen „Geht´s noch Momenten“ hast, die große Frage ist: 

Wie kann ein einzelner Kommentar eine derartige Macht über uns haben und uns so schnell auf die Palme bringen?

Das Kommunikationsmodell der Transaktionsanalyse bietet hier ein paar spannende Aha´s und damit auch die ersten Lösungen

Die Grundlagen der Transaktionsanalyse

Die Transaktionsanalyse* nach Eric Berne (TA) hat ihren Namen von der Transaktion, also der Übermittlung. Kommunikation gilt hierbei als ein Wechsel von Transaktionen, also von einer Art Tauschgeschäft und einem Hin und Her, wie beim Tennisspielen.

Bei Tom und Rabea sehen wir, dass die Transaktion ziemlich schiefläuft – nach diesem kurzen Dialog ist Rabea richtig sauer und die restliche Stimmung wird alles andere als gemütlich sein. Vielleicht hat Rabea den restlichen Tag Konzentrationsschwierigkeiten, kann nicht richtig arbeiten, fühlt sich wie eine Versagerin und gibt dafür der Situation bzw. Tom die Schuld. Tom wird auch keinen schönen Nachmittag erleben. Die Kinder kriegen die Anspannung der Eltern mit und sind am Nachmittag dann besonders quengelig und bedürftig. Abends treffen Tom und Rabea dann beide wieder aufeinander. Das Abendessen wird ungemütlich, die Kinder spüren das, reagieren mit Streit untereinander und so vergeht ein belastender Tag und beide gehen mit einer Gewitterwolke ins Bett. Wann wird diese sich das nächste Mal entladen?

Schauen wir einmal mit der Lupe auf die Kommunikation in der Schlüsselsituation bei der Spülmaschine.

 

Paar streitet in der Küche

Nach der Transaktionsanalyse haben wir unterschiedliche sogenannten „Ich-Zustände“. Das sind verschiedene Teile unserer Persönlichkeit, die sich während der Begegnungen zeigen.

In unserem normalen Alltag fließen wir durch diese Zustände, immer abhängig von der Situation. Unser Herzensmensch kennt sicherlich alle unsere Zustände – und wir seine.

Es gibt das Eltern-Ich, das Erwachsenen-Ich und das Kind-Ich. Keine Sorge, du bist nicht schizophren, nur weil du unterschiedliche Seiten in deiner Persönlichkeit hast und zeigst. Jeder Ich-Zustand übernimmt eine gewisse Funktion.

Beispielbild unterwegs Beziehung stärken

Das Kind Ich steht für Bedürfnisse, es lässt dich spontan und kreativ sein. In diesem Ich-Zustand kannst du mit anderen rumalbern oder – was ich öfters mache – zeigen, was du jetzt brauchst. „Mein Tag war echt doof“ oder Stichwort Hunger, Pipi, Durst. Im Erwachsenen-Ich bist du im Hier und Jetzt verankert und handelst rational. Vermutlich zeigst du diesen Ich-Zustand, wenn du arbeitest oder Alltagsdinge machst. Wenn du beim Wäscheaufhängen deinen Partner mit einem Paar Socken bewirfst, ist das übrigens wieder ein Anzeichen für das Kind-ich.

Mit dem Eltern-Ich hast du eine moralische Instanz, es strukturiert dich und sorgt dafür, dass du anderen hilfst oder Fürsorge zeigst. In diesem Zustand kümmerst du dich um deinen kranken Partner oder Partnerin oder tröstest deine Kinder.

Alle Ich-Zustand sind wichtig und auch der Wechsel zwischen den Zuständen ist sehr hilfreich. Stell dir einmal vor, du würdest eine ganze Woche nur im Erwachsenen-Ich sein, also z.B. in deiner Arbeitspersönlichkeit – dann gibt es kein Rumalbern, kein Oberlippe-vorschieben („Ich will aber Pizza!“) und auch keine nett gemeinte Fürsorge mehr für andere. Klingt langweilig, nicht wahr?

Alle Ich-Zustand sind wichtig und auch der Wechsel zwischen den Zuständen ist sehr hilfreich. Stell dir einmal vor, du würdest eine ganze Woche nur im Erwachsenen-Ich sein, also z.B. in deiner Arbeitspersönlichkeit – dann gibt es kein Rumalbern, kein Oberlippe-vorschieben („Ich will aber Pizza!“) und auch keine nett gemeinte Fürsorge mehr für andere. Klingt langweilig, nicht wahr?

Die Ich-Zustände (Darum eskaliert es!)

Wenn wir in unserem Alltag durch alle Ich-Zustände bewegen, bereichert das den Alltag und auch unsere Beziehung.

Genau so kann der Wechsel zwischen den Ich-Zuständen auch für „Geht´s noch“-Momente sorgen. Das sind Momente wie bei Tom und Rabea. Doch wie kommen wir in diese Zustände?

Wenn du anfängst, beim Wäsche zusammenlegen deinen Schatz mit Sockenpaaren (die fliegen besser als Unterhosen, habe ich selbst probiert) zu bewerfen, dann machst du das vermutlich spontan und aus dir heraus. Wenn er oder sie dir zuvor die Zunge rausgestreckt hat (vermutlich aus dem Zustand des Kind-Ichs), dann bist du einer Einladung gefolgt, ebenfalls ins Kind-Ich zu wechseln. Übrigens könntest du in dieser Situation auch reagieren und ins Eltern-Ich fallen: „Sei nicht albern.“ Oder: „Mach lieber jetzt noch die Steuererklärung, anstatt Kindereien“. Ahnst du, welcher Zustand das ist? Richtig, das Eltern-Ich.

Du wechselst also in diese Zustände auf „Einladung“. Die Einladung kann durch eine Geste, durch Worte oder durch eine Handlung (oder Nicht-Handlung, wie beim Spülmaschinenbeispiel) erfolgen.

Und jetzt kommt es: Diese (vermeintlichen) Einladungen, auf die wir reagieren, haben ein großes Konfliktrisiko.

Momente, die uns auf die Palme bringen

Schauen wir uns Tom und Rabea an.

Sie steht in der Küche und ist bereit, die Kinder zu übergeben. Tom kommt und sendet eine Botschaft: „Die Spülmaschine hättest du ruhig noch ausräumen können“ (Eltern-Ich). Das ist eine Einladung an Rabeas Kind-Ich. Dieses vertritt Rabeas Bedürfnisse nach Anerkennung und Augenhöhe. Was sie sagen wird, wird vermutlich aus diesem Ich-Zustand heraus sein und damit entweder trotzig („Räum du sie doch aus, ich habe genug gearbeitet“) oder gekränkt („Nie mach ich was richtig“).

In diesen Momenten begegnen sich in der Kommunikation vermutlich Tom´s Eltern-Ich und Rabeas Kind-Ich. Das ist keine gute Kombination in der Paarbeziehung.

 

Beispielbild Streit und Mauern als apokaylptischer Reiter

Ein paar weitere Beispiele für ungünstige Begegnungen der Ich-Zustände:

„Kannst du die schmutzigen Teller von hinten einräumen.“ (Eltern-Ich) „Sag mir nicht immer, was ich tun soll!“ (Kind-Ich).

„Das macht die Pfanne kaputt“ (Anzeichen für Eltern-Ich) „Nie kann ich es dir recht machen!“ (Anzeichen für Kind-Ich)

„Ich denke, du solltest nicht so verschwenderisch mit dem Geld umgehen.“ (Eltern-Ich) „Diese Art von Kontrolle finde ich total unpassend.“ (Eltern-Ich)

„Nie verbringst du Zeit mit mir!“ (Kind-Ich)„Ich bin doch nur zwei Stunden weg, dann bin ich ganz für dich da.“ (Eltern-Ich)

„Pass bitte auf dich auf und iss gesünder.“ (Eltern-Ich) „Sag mir nicht, was ich tun soll!“(Kind-Ich)

„Du verbringst viel zu viel Zeit vor dem Fernseher!“(Eltern-Ich)„Du machst doch dasselbe, ständig am Handy zu sein.“ (Eltern-Ich)

Dein erster Schritt

Um eine gelassenere Kommunikation in deiner Partnerschaft zu fördern, lohnt es sich, den ersten Schritt zu gehen, indem du dir deiner eigenen Ich-Zustände bewusst wirst. Erkenne, wann du in das Eltern-Ich, das Erwachsenen-Ich oder das Kind-Ich wechselst. Dieses Bewusstsein legt den Grundstein für eine effektivere Kommunikation.

In brenzligen Situationen ist das Erwachsenen-Ich sehr hilfreich. Dieses kannst du bewusst in die Situation holen. Hier sind Merkmale des Erwachsenen-Ich:

  1. Verhalten:
  • Sachlich
  • Nachdenklich
  • Fragen stellen
  • Objektiv
  • konzentriert

Formulierungen:

  • Ich sehe, dass…
  • Ich habe das Gefühl, dass…
  • Wahrscheinlich denkst du…

Sprechweise

  • sachlich, ruhig, klar und deutlich

Mimik, Gestik, Körperhaltung

  • Blickkontakt
  • aufrechte Haltung
  • entspannt

Nutze diese Merkmale des Erwachsenen-Ichs, um dich aus einem unerwünschten Zustand herauszubringen.

Übrigens: Wenn du gezielt äußere Änderungen deines Verhaltens, Sprechens etc. vornimmst, ändert sich dein Erleben. Ein guter Grund, das nächste Mal auf verschränkte Arme oder den erhobenen Zeigefinger etc. zu verzichten!

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